09.05.2024

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Zwei-Drittel-Mehrheit der Stadtverordneten stimmt dem Vergleich zu


(Visualisierung: Betreiberfirma Juwi)

(tom) Der Wind hat sich gedreht. Vor zwei Jahren wurde in Oberzent mit übergroßer Mehrheit für die Klage gegen die Windräder auf dem Katzenwinkel bei Etzean gestimmt. Jetzt plädierte eine Zwei-Drittel-Mehrheit der Stadtverordneten dafür, das Verfahren nicht mehr weiterzuverfolgen und dem Vergleich zuzustimmen. Hauptgrund: fehlende Erfolgsaussichten. Denn mit den Rotoren auf der Höhe hinter dem Beerfelder Galgen sind die Mandatsträger weiterhin nicht glücklich.

Der Gegenwind mag noch so heftig sein, die FDP steht fest wie eine Eiche. Sie war die einzige Fraktion, die weiterhin geschlossen für die Weiterführung der Klage stimmte. In der namentlichen Abstimmung standen ihr noch einige Mitglieder der ÜWO zur Seite, sodass es letztlich elf Stimmen dafür waren. 20 Stadtverordnete (geschlossen SPD und Grüne, bis auf eine Enthaltung die CDU) und Teile der ÜWO streckten die Waffen.

Anfang 2020 hatte die Stadtverordneten-Versammlung den Beschluss gefasst, dass keine Windkraftanlagen auf städtischen Grundstücken gebaut werden sollen. Davon ließ sich die Firma Juwi allerdings nicht beeindrucken. Denn das Gebiet auf dem Katzenwinkel ist im sachlichen Teilplan Erneuerbare Energien des Regionalplans Südhessen ausgewiesen.

Jedoch nicht im Teilflächennutzungsplan zur Windkraft, den die Odenwälder Kommunen in Eigenregie aufgestellt hatten. Dass dieser vom Regierungspräsidium Darmstadt gekippt wurde, führte zu einigem Frust unter den ehrenamtlich Tätigen. Denn diese sahen dadurch die Entscheidungshoheit der Kommune beeinträchtigt und ihre Arbeit herabgewürdigt. Mehr als einmal klang dies in den Wortäußerungen durch.

Übergeordnete Behörden und auch Gerichte lassen sich jedoch wenig von den Befindlichkeiten der Verantwortlichen auf kommunaler Ebene beeindrucken, lässt sich aus den vergangenen Urteilen und Entscheidungen herauslesen. Mit ihren Versuchen, die drei Windräder auf ihrer Gemarkung zu verhindern, scheiterte die Stadt bisher auf allen Ebenen.

Da ging es zuerst um die Zuwegung zum vorgesehenen Areal, dann um die Flächenrodung, um eine Wegeverbreiterung oder um ein Umspannwerk. Letztlich musste Oberzent sich zähneknirschend allem beugen oder holte höchstens einmal einen kurzfristigen, aufschiebenden Achtungserfolg, der aber letztlich nichts am großen Ganzen änderte.

Die sich verändernde windpolitische Großwetterlage tat ihr Übriges dazu, dass es im Laufe der Jahre immer schwieriger wurde, Einsprüche zu begründen. Natur-, Arten- und Denkmalschutz spielen derzeit nur noch eine untergeordnete Rolle, lautete die nicht nur einmal vorgebrachte Klage. Alles wird dem Ausbau der erneuerbaren Energien untergeordnet.

Nachdem den Stadtverordneten bereits im Mai vergangenen Jahres ein (besserer) Vergleichsvorschlag vorgelegen hatte, dieser aber noch mit Mehrheit abgelehnt worden war, standen dieses Mal die Vorzeichen auf Sturm. Denn nach der Güteverhandlung vor dem 11. Senat des hessischen Verwaltungsgerichtshofs gab es „Butter bei die Fische“. Aus dem Protokoll lasen viele heraus, dass jetzt der letzte Zeitpunkt für einen Vergleich ist und die Stadt den Prozess verlieren könnte.

Denn unterm Strich ging es nicht nur um eine steife Brise, die die Rotoren antreiben soll, sondern für Oberzent auch um viel Geld. Bei der Stadt sind bis jetzt schon über 50.000 Euro an Anwalts- und Gerichtskosten aufgelaufen. Durch den Vergleich müsste sie nicht die ganze Summe tragen. Ungleich höher sind die Summen, die aus der Beteiligung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) reinkommen würden. Hier geht man von 80.000 Euro im Jahr oder mehr als 1,5 Millionen Euro über die 20 Jahre Laufzeit aus.

In der vierstündigen Sitzung vor Gericht waren alle strittigen Themen sehr detailliert behandelt worden. Nach vorläufiger Einschätzung des Senats war unter anderem bezüglich der Kirche und des Ortskerns Beerfelden keine erhebliche denkmalschutzrechtliche Beeinträchtigung ersichtlich. Mit Blick auf den Flächennutzungsplan (FNP) des Odenwaldkreises erläuterte der Richter, dass eine Ausschlusswirkung nur von einem wirksamen FNP ausgehen könne, der hier nicht vorliegt.

Der Vergleich, dem die Stadtverordneten jetzt zustimmen, sieht vor, dass die Betreiberfirma Juwi die Stadt nach Vorgabe des EEG finanziell an den drei Windenergieanlagen beteiligt. Oberzent trägt die Kosten des Verfahrens, einschließlich der außergerichtlichen Kosten von Juwi zur Hälfte. Das Land und Juwi tragen je ein Viertel der Gerichts- und der außergerichtlichen Kosten von Oberzent, den Rest jeder selbst.

01.02.24

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